Aktienhöchststände trotz Zollturbulenzen
Die teils kräftigen Kursrückschläge auf den Aktienmärkten nach dem von Trump als „Befreiung“ titulierten Zollankündigungen im April sind inzwischen fast überall wieder aufgeholt worden. In vielen Ländern gab es in den letzten Wochen sogar neue Allzeithochs oder zumindest neue Jahreshöchststände.
Zum einen hat sich an den Märkten die Überzeugung durchgesetzt, dass von Trumps Ankündigungen vermutlich nur ein Bruchteil überhaupt Bestand haben wird und dass die Auswirkungen dessen recht überschaubar sein dürften.
Zum anderen fließt inzwischen vermehrt Kapital aus den USA (zurück) ins Ausland bzw. es fließt kaum noch frisches Kapital aus dem Ausland in die US-Finanzmärkte, anders als in den letzten Jahren.
Das wiederum bringt den US-Dollar unter Druck und ein schwächerer Dollar war in der Vergangenheit meist unterstützend für Aktien und Anleihen der Schwellenländer. Das scheint bislang auch diesmal so zu sein, was aber selbstverständlich nicht bedeutet, dass dieser Rückenwind anhalten muss, selbst wenn der Dollar weiter nachgibt (wofür einiges spricht).
Wirtschaftliche Auswirkungen sind bislang überschaubar
Sowohl die US-Wirtschaft als auch die Volkswirtschaften in China oder Europa sind bislang weitgehend unbeeindruckt von den Zollkapriolen (wobei durch zahlreiche Sondereffekte und Verzerrungen aber Vorsicht bei der Bewertung der Daten geboten ist). Die meisten Analysten gehen aber davon aus, dass sich im weiteren Jahresverlauf doch einige negative Auswirkungen und wirtschaftliche Abschwächungen zeigen werden, zumal mit den wichtigsten Handelspartnern der USA weiterhin alles in der Schwebe ist. Eine globale Rezession oder einen massiven Abschwung sehen sie jedoch nicht und auch die Finanzmärkte preisen einen solchen nicht ansatzweise ein.
China: Recht ordentliches Wachstum, aber…
China, das unzweifelhafte Hauptziel von Trumps Zollattacken, überraschte die Wirtschaft bislang leicht nach oben, aber unter der Oberfläche sind die altbekannten Probleme erkennbar:
Der Immobiliensektor fungiert weiterhin als Bremsklotz und
in einigen Bereichen des verarbeitenden Gewerbes sind Überkapazitäten unübersehbar.
Die jüngsten Inflationsdaten aus China untermauern die Probleme im produzierenden Gewerbe. Sie zeigten einen starken Preisrückgang (Deflation) bei den Produzentenpreisen und einen nur noch hauchdünnen Anstieg bei den Verbraucherpreisen.
Entgegen manchen anderslautenden Einschätzungen wächst der private Konsum durchaus. Aber er wächst langsamer, als Peking es sich wünscht und vor allem langsamer als erforderlich wäre, um den etwaigen Wegfall ausländischer Nachfrage (v. a. USA, aber möglicherweise auch Europa) auszugleichen.
Gleichwohl dürften für 2025 ein Wachstum vom 4,5–5 % herausschauen. Die bloße Wachstumszahl sagt allerdings wenig über die Qualität dieses Wachstums aus – was aber für alle Länder gilt, nicht nur für China.
Lokalwährungsanleihen vor einem Comeback?
Nachdem Lokalwährungsanleihen der Schwellenländer in den letzten Jahren von ausländischen Investoren stark gemieden wurden, deutet sich ein Comeback an. Das gilt nicht nur für ihre Wertentwicklung in diesem Jahr, sondern auch für die Kapitalflüsse, die in den letzten Monaten erstmals seit langem wieder nennenswerte Netto-Zuflüsse zeigen. Natürlich könnte es sich dabei lediglich um ein Strohfeuer und eine kurzzeitige Entwicklung handeln.
Es spricht aber einiges dafür, dass Lokalwährungsanleihen in den kommenden Quartalen und eventuell Jahren gut abschneiden werden, v. a. gegenüber dem Dollar und Dollar-Anleihen. Zum einen sind viele Schwellenländer-Währungen fundamental günstig bewertet. Zum anderen eröffnet der nachgebende Dollar Raum für Zinssenkungen in den Emerging Markets. Und sollte sich eine signifikante globale Wachstumsabschwächung einstellen, dann könnte dies die Anleihemärkte generell unterstützen. Anzumerken ist dabei aber unbedingt, dass auch in einem positiven Marktumfeld eine gute Auswahl der Währungen und Emittenten unerlässlich ist.

Investieren in Emerging-Markets-Fonds
Aktienrallye mit Fragezeichen
Bei Schwellenländeraktien hingegen gäbe es dann einerseits Kursphantasie durch Zinssenkungen und andererseits Enttäuschungspotenzial bei den Gewinnentwicklungen. Die Gewinnsteigerungen bei Unternehmen in den Schwellenländern wurden zuletzt vor allem von Firmen aus den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation getragen, während die meisten anderen Sektoren kein oder nur geringes Gewinnwachstum zeigten. Auf der positiven Seite gibt es aber Anzeichen, dass die Gewinnmargen ihren Boden gefunden haben und vor einer Trendwende nach oben stehen könnten.
Weniger Nachfrage aus den USA?
In diesem Zusammenhang bleibt sicher auch abzuwarten, wie stark ein etwaiger Nachfragerückgang nach Waren und Dienstleistungen in den USA ausfallen wird, nicht nur als Folge von Zollanhebungen, sondern auch von möglicherweise nicht mehr so stark wachsenden Staatsausgaben wie unter der Biden-Regierung. Bezüglich letzterem gehen die Meinungen stark auseinander, wie sich Trumps kürzlich im Parlament beschlossenes Steuer- und Ausgabengesetz (der One Big Beautiful Bill Act, kurz OBBBA) auswirken wird. Einige sehen weitere hohe Defizite (was wachstumsfördernd wäre), andere sehen zurückgehende Budgetdefizite (was das Wirtschaftswachstum bremsen würde). Sollte sich das globale Wachstum stärker abschwächen, wäre dies tendenziell belastend für die Gewinne der meisten Unternehmen, nicht nur in den Industrienationen, sondern auch in den Schwellenländern und würde Gegenwind für die Aktienmärkte bedeuten. Auf der positiven Seite könnten dann aber Zinssenkungen unterstützend wirken.